Wortlaut des Briefes vom 16. Mai 1979 an Erich Honecker
"Sehr geehrter Herr Staatsratsvorsitzender,mit wachsender Sorge verfolgen wir die Entwicklung unserer Kulturpolitik. Immer häufiger wird versucht, engagierte, kritische Schriftsteller zu diffamieren, mundtot zu machen oder, wie unseren Kollegen Stefan Heym, strafrechtlich zu verfolgen. Der öffentliche Meinungsstreit findet nicht statt.
Durch die Koppelung von Zensur und Strafgesetzen soll das Erscheinen kritischer Werke verhindert werden. Wir sind der Auffassung, daß der Sozialismus sich vor aller Öffentlichkeit vollzieht; er ist keine geheime Verschlußsache. Über seine Erfolge und Niederlagen, das heißt über unsere Erfahrungen, zu schreiben, halten wir für unsere Pflicht und unser Recht.
Wir sind gegen die willkürliche Anwendung von Gesetzen; Probleme unserer Kulturpolitik sind mit Strafverfahren nicht zu lösen. Und wenn ein Schriftsteller sich öffentlich die Frage gefallen lassen muß, warum er eigentlich noch in der DDR bleiben wolle, halten wir das für einen unerträglichen Zustand. Wir bitten Sie, sich unserer Sorge anzunehmen."
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